„Gegen Ausbeuten, Ausgrenzen, Ausweisen! Arbeitsbedingungen in der Logistikbranche in Zeiten einer gefährdeten Demokratie“, so lautete der Titel der diesjährigen Betriebsrätetagung Logistik, die ver.di b+b in Kooperation mit dem ver.di-Fachbereich am 6. und 7. November durchgeführt hat. Wie in jedem Jahr waren fast 100 Teilnehmer*innen dabei, die den -Referent*innen gespannt zuhörten und mitwirkten.
Im Mittelpunkt stand das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG), welches seit dem 1. Januar 2023 in Deutschland gilt. Als Fachbereich sind wir davon besonders betroffen. Denn das Gesetz gilt in der gesamten Lieferkette: nicht nur im Ausland, wie man vielleicht meinen mag, sondern auch für Beschäftigte im Inland. Alle Beschäftigten in der Logistik und insbesondere im KEP-Bereich sind Teil einer Lieferkette. Demnach betrifft dies also auch die Zusteller*innen, die bei Subunternehmen beschäftigt sind.
Unter die Regelungen des LKSG fallen Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten. So ist in diesem Fall also das KEP-Unternehmen für Menschenrechtsverstöße verantwortlich zu machen.
Auf der Tagung haben wir die Handlungsmöglichkeiten der Betriebsräte in den Vordergrund gestellt – etwa die §§ 80 (Allgemeine Aufgaben des Betriebsrats) und 106 (Unterrichtungs- und Beratungsrecht in wirtschaftlichen Angelegenheiten) des BetrVG, um nur einige Beispiele zu nennen. Schließlich können Betriebsräte und Wirtschaftsausschuss-Mitglieder bei Angelegenheiten des LKSG mitbestimmen. Spezial-Seminare dazu bietet unser Bildungsträger ver.di b+b an.
Alltagsrassismus, Ausgrenzung oder dumme Sprüche gegen Einzelne oder Gruppen kommen in unserem Alltag immer häufiger vor. Wir haben dazu mit Kolleg*innen von „Aufstehen gegen Rassismus“ Workshops durchgeführt – auch, um auf Stammtischparolen gut reagieren zu können. Dabei haben wir uns auf die Aufgaben der Betriebsräte bezogen: Die §§ 75 (Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen), 99 (Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen) und 104 (Abberufung von Arbeitnehmern bei grober Pflichtverletzung) des BetrVG wurden vorgestellt und mit Praxisbeispielen erläutert. Denn zu den Aufgaben von Betriebsräten zählt auch, gegen Rassismus im Betrieb vorzugehen und im Zweifel zu beantragen, rassistische Menschen aus dem Betrieb zu entfernen.
Und dann der Blick zurück: Was haben Gesellschaft und Gewerkschaften eigentlich getan, als die Nationalsozialisten vor fast einhundert Jahren an die Macht gekommen sind? Wie nutzten die Machthaber die Arbeitswelt, um erfolgreich Menschen überwachen zu können und langsam, aber sicher eine „Zustimmungsdiktatur“ aufbauen zu können? Als Referenten hatten wir dazu Dr. Stefan Hördler von der Universität Göttingen eingeladen, der sehr eindrucksvoll vorgetragen hat.
Die Rückmeldungen zur Tagung waren durchweg positiv – unsere Teilnehmer*innen meinten, dass interessante und praxisrelevante Themen behandelt wurden. Die BR-Tagung Logistik wird 2025 am 22. und 23. Oktober in Leipzig stattfinden.
Stefan Thyroke