Die EU plant Zulassung der Gigaliner

22.08.2023

Erneut schmiedet die EU-Kommission Pläne, übergroße Lkw – sogenannte Gigaliner oder Lang-Lkw – europaweit zuzulassen. Dafür werden derzeit Vorschläge für eine Ausweitung der Maße und des Gewichts der schweren Nutzfahrzeuge entwickelt.

 
Gigaliner bereits im Einsatz in Schweden Autobahn, LKW, Lang-LKW, Gigaliner, Logistik, Schweden

Gebündelt mit anderen Maßnahmen im „Green Freight Package“, soll der Eindruck erweckt werden, dass Lang-Lkw einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Doch das Gegenteil ist der Fall: Überlange und überschwere Lkw sind klimaschädlicher, gefährlicher, platzraubender und teurer als herkömmliche Lkw. Sie werden die Herausforderungen bei den Beschäftigungsbedingungen, beim Klimaschutz, bei der Verkehrssicherheit und der Infrastruktur verschärfen.

  • Klimaschutz: Langfristig erhöhen die Gigaliner die CO2-Emissionen. Denn die Transportkosten sinken pro Tonne Ladung und der Straßengüterverkehr wird noch billiger. In der Folge werden Güter von der klimaschonenden Schiene zurück auf die Straße verlagert. Das ist kontraproduktiv, da schon normale Lkw fast nie komplett beladen sind. Die Lang-Lkw, die bereits heute schon fahren, sind noch seltener voll beladen als herkömmliche Lkw. Halbvolle Lkw durch das Land zu fahren, ist kein Beitrag zum Klimaschutz!
  • Beschäftigung: Lang-Lkw gefährden Tausende von Arbeitsplätzen bei den europäischen Güterbahnen. Die Beschäftigten im Straßengüterverkehr selbst profitieren nicht vom Einsatz der Lang-Lkws. Stattdessen tragen sie die Verantwortung für noch längere und schwerere Fahrzeuge. Mehr Ladefläche kann auch mehr Be- und Entladungen als bislang bedeuten. In der Folge steigt der Zeitdruck aufgrund zu straffer Disposition und Routenplanung.
  • Verkehrssicherheit: Einen Lang-Lkw zu überholen, dauert länger und ist risikoreicher; auch beim Abbiegen, auf Kreuzungen, in Autobahnanschlussstellen und Kreisverkehren stellen sie für andere Verkehrsteilnehmer eine noch größere Gefahr dar als normale Lkw. Längere Räumzeiten auf Bahnübergängen sind ein zusätzliches Sicherheitsrisiko. Und je schwerer der Lkw, desto gravierender sind oft die Unfallfolgen.
  • Infrastruktur: Lang-Lkw werden die europäischen Steuerzahler*innen Milliarden kosten. Straßenverkehrsinfrastrukturen wie Kreuzungen, Kreisverkehre, Tunnel-Nothaltebuchten und Lkw-Parkplätze müssen umgebaut werden. Dabei fehlen schon jetzt mehr als 25.000 Lkw-Stellplätze. Der Instandhaltungsaufwand wird steigen, denn Lang-Lkw schädigen Brücken und Straßen durch ihr Gewicht noch stärker. Gleichzeitig verbilligen sie den Güterverkehr und sorgen damit für noch mehr Fahrten.

Die Befürworter der Riesen-Lkw in der Logistikbranche haben nicht das Gemeinwohl im Sinn, vielmehr wollen sie unter dem Deckmantel einer angeblichen Reduzierung der Treibhausgase ihre Gewinne auf Kosten der Gesellschaft maximieren.

Europaweite Opposition

ver.di und ihre europäischen Schwestergewerkschaften in der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) positionieren sich eindeutig gegen den flächendeckenden Einsatz von Lang-Lkw. Neben anderen Gigaliner-Gegner*innen, wie der Verkehrsclub Deutschland und die Allianz Pro Schiene hat ver.di die Mitglieder des Europäischen Parlaments (MEPs) aufgefordert, sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens auf EU-Ebene dafür einzusetzen, die Pläne zu stoppen.

In einigen Mitgliedsstaaten laufen bereits Einsätze und Testfahrten. Diese stellen eine schleichende Zulassung durch die Hintertür dar. Einheitliche Regeln und der europäische Binnenmarkt werden de facto unterwandert. Die ETF hat für sich die Position entwickelt, dass der Einsatz von Lang-Lkw in Gebieten sehr geringer Besiedlungsdichte (z. B. in Skandinavien) zulässig sein könnte. Ebenso könnte man den Einsatz von Lang-Lkw tolerieren, wenn aufgrund der Streckenlänge keine öffentliche In-frastruktur als Parkfläche genutzt würde.