Derzeit bereiten die Wahlvorstände vor Ort auf Hochtouren die Wahlen der Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAV) bei der Deutschen Post AG vor. Vom 5. bis 7. November werden in allen Betriebsniederlassungen die JAVen neu gewählt. Marek Witten, Vorsitzender Gesamt- Jugend- und Auszubildendenvertretung (GJAV) Deutsche Post AG und zuständig für die Auszubildenden und JAVen des Unternehmens Deutsche Post AG, erklärt dazu:
bewegen: Konnten für die JAV genug Kandidat*innen gewonnen werden?
Sich für die Gewerkschaft und den Betrieb zu engagieren, ist nicht mehr selbstverständlich, man muss sich um Kandidat*innen sehr bemühen. Aber es scheint so, dass für alle Standorte genügend Kandidat*innen gefunden werden konnten.
bewegen: Wie können mehr junge Leute für die Gewerkschaftsarbeit gewonnen werden?
Die Arbeit in der JAV geht grundsätzlich maximal bis zum 25. Lebensjahr. Für die Zeit danach sollte den jungen Menschen eine weitergehende Perspektive aufgezeigt werden, entweder im Job oder im Betriebsrat (BR). Leider ist das nicht immer der Fall. Die nächste Stufe der betrieblichen Interessenvertretung wäre eine Mitarbeit im BR, was sich tatsächlich viele JAV-Mitglieder wünschen. Der BR sollte junge Leute aus den JAVen unterstützen, fördern und bewusst aufbauen. Im BR sollte es einen Mix aus erfahrenen älteren und jüngeren Kolleg*innen geben.
Außerdem befürchten viele junge Kolleg*innen, dass eine Kandidatur für die JAV ihnen im Unternehmen Nachteile bringen würde. Dies sollte die Arbeitgeberseite entkräften.
bewegen: Was bringt das Mitmachen in der JAV?
Mitglieder der JAV nehmen an JAV-Grundlagenschulungen teil, sie lernen ihre Rechte, die Prinzipien der Mitbestimmung und des Betriebsverfassungsgesetzes kennen; sie können sich beispielsweise in Rhetorikseminaren weiterbilden. Darüber hinaus gewinnen sie gute Kenntnisse im Arbeitsrecht und über die Abläufe in ihren Betrieben.
bewegen: Wie groß ist der zeitliche Aufwand?
Oft sind potenzielle JAV-Leute noch in der Ausbildung und haben Angst um ihre Freizeit. Aber sie sind ja nicht allein, sie haben ein Gremium hinter sich und können die Arbeit unter sich aufteilen. Zudem stehen ihnen feste Stunden für die JAV-Arbeit zur Verfügung, in denen sie freigestellt sind.
bewegen: Wofür sind die JAVen wichtig?
Ohne eine JAV fehlen im Betrieb direkte Ansprechpartner*innen, wenn es Fragen zur Ausbildung oder Probleme gibt. Tatsächlich existieren Standorte ohne JAV, etwa weil Stellvertreterposten nicht besetzt waren. Wenn dann die eigentlich gewählten Leute abspringen oder kündigen, ist die JAV tot.
bewegen: Neben der Kandidat*innenfindung ist die Wahlbeteiligung wesentlich …
… ja, sie ist sehr unterschiedlich – je nachdem, wie stark die Belegschaft und die Ausbilder*innen vor Ort gewerkschaftlich organisiert sind. In manchen Niederlassungen liegt die Wahlbeteiligung bei 100, in anderen gerade mal bei 20 bis 30 Prozent.
bewegen: Was tun die JAVen dafür?
Im besten Fall gehen sie an die Berufsschulen und in die Betriebe, um die Auszubildenden dafür zu sensibilisieren, zu wählen oder sich selbst aufstellen zu lassen.
Allgemein ist das Interesse an betrieblicher Mitbestimmung unter den Jugendlichen gesunken. Es müsste ihnen klargemacht werden, dass die Zeit, die man in die JAV-Arbeit steckt, nicht vergeudet ist, sondern sich auszahlt. Außerdem muss vor Ort deutlich gemacht und gelebt werden, dass aktive JAV-Arbeit nicht zu späteren Nachteilen führt.
Ute C. Bauer