Befristete Arbeitsverträge– arbeiten mit Ablaufdatum bei der DP AG

25.01.2021

„Ich finde es traurig, dass die Deutsche Post AG unseren Kolleg*innen, die gerne zur Arbeit kommen und vollen Einsatz zeigen, keine gute Perspektive bietet und sie unbefristet einstellt“ – klare Worte einer ver.di-Kollegin bei der Deutschen Post AG.

 

 

Mehr und mehr Menschen haben einen Arbeitsvertrag mit festgelegtem Enddatum – einen befristeten Arbeitsvertrag. So auch bei der Deutschen Post AG: Dort steigt die Zahl der befristet Beschäftigten stark an. Was das bedeutet und was ver.di plant:

Was heißt Befristung oder -„befristeter Arbeitsvertrag“?

Befristete Arbeitsverhältnisse gibt es sowohl mit Sachgrund als auch sachgrundlos. Gründe, in denen ein Arbeitsvertrag mit Enddatum ausgegeben werden kann, umfassen beispielsweise eine Elternzeit- oder Krankheitsvertretung sowie eine Projektstelle. Sachgrundlose Befristungen werden rein kalendarisch gesetzt und sind gesetzlich bis zu 24 Monate zulässig. Der Arbeitgeber kann das Datum bestimmen, zu dem der Arbeitsvertrag auslaufen soll und die oder der den Job verliert.

Damit reihen sich beide Befristungsformen, aber vor allem die sachgrundlose Variante, in die Ausprägungen prekärer Beschäftigung ein: Diese beschreibt Arbeitsverhältnisse, welche gesellschaftliche Standards unterschreitet, indem sie zum Beispiel nicht auf Dauer angelegt sind.

Wie ist die Lage in Deutschland bei Befristungen?

In Deutschland arbeiteten 2019 rund 4,5 Millionen Menschen unter einem befristeten Vertrag, also 7,5 Prozent aller Erwerbstätigen über 25 Jahren. Ein Jahr zuvor waren es noch rund eine Million Arbeitsverträge mit Ablaufdatum weniger. Und in der Altersgruppe von 15 bis 25 Jahren trifft es sogar jede*n fünfte*n Beschäftigte*n.

Der Trend setzt sich seit rund zwanzig Jahren stetig fort: Seitdem hat sich die Zahl der Befristungen insgesamt verdoppelt. Blickt man nur auf die Zahl der sachgrundlosen Befristungen, hat sie sich verdreifacht (siehe Grafik). Am stärksten verbreitet scheinen befristete Jobs in großen Betrieben und Unternehmen zu sein, so eine aktuelle Studie des WSI. Dort werden sie offenbar als verlängerte Probezeit missbraucht.

 

Was ist das Problem mit Befristungen?


Befristete Jobs wirken sich auf individueller, betrieblicher und gewerkschaftlicher Ebene negativ aus:

  • Das Risiko arbeitslos zu werden ist – aufgrund des vorab festgelegten Endes des Arbeitsvertrags – deutlich höher als mit einem unbefristeten Vertrag.
  • Auch Vermietern und Banken ist dies bewusst: Befristet Beschäftigte haben häufig große Probleme, den Zuschlag für eine Mietwohnung oder einen Kredit zu bekommen.

Neben den negativen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse haben befristete Arbeitsverträge eine weitere negative Strahlkraft im Betrieb. Denn:

  • Arbeit findet sozial statt. Teams sowie Kolleginnen und Kollegen arbeiten zusammen. Mit einem befristeten Job wollen Betroffene oft kein Risiko eingehen. Gespräche mit den Kolleg*innen – gerade um sie für Gewerkschaft und für ver.di zu begeistern – sind daher oft nicht so unbeschwert.
  • Auch die anderen sind damit konfrontiert, dass die befristeten Kolleg*innen eventuell demnächst nicht mehr da ist.

Auf gewerkschaftlicher Ebene bereiten Befristungen noch zusätzliche Hindernisse:

  • Für befristet beschäftigte Kolleg*innen ist es eine ungleich größere Hürde, für sich und die Rechte als Arbeitnehmer*in einzustehen. Schließlich könnte dies das Ende ihres Jobs bedeuten.
  • Gespräche mit Kolleg*innen, Kontakte zum Betriebsrat, zu Vertrauensleuten oder gar zur Gewerkschaft? Riskant.
  • Kandidatur für den Betriebsrat oder gar Teilnahme an Streiks? Oft undenkbar!

 

 

Die Lage bei der Post


Auch bei der Deutschen Post AG erhalten viele Kolleg*innen nur einen befristeten Arbeitsvertrag:

  • Über 20.000 Postler*innen haben einen befristeten Vertrag bei der DP AG (Stand September 2020). Das sind über 15 Prozent der Postbeschäftigten! Damit liegt die Befristungsrate bei der DP AG doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt.
  • Knapp 16.000 Vollzeitkräfte und mehr als 4.000 Teilzeitkräfte sind davon betroffen.
  • Im Vergleich zum Vorjahr erhielten 30 Prozent weniger einen unbefristeten Vertrag.


Die Auswirkungen haben ver.di-Kolleg*innen gerade bei den Arbeitskämpfen in der Tarifrunde DP AG 2020 deutlich gespürt. Denn die befristet Beschäftigten fehlen häufig bei Streiks: Die Bereitschaft, die Arbeit niederzulegen, wenn der eigene Arbeitsplatz so unsicher ist, ist deshalb geringer – nachvollziehbar, doch Gewerkschaft ist umso stärker mit jeder und jedem Einzelnen!

 

ver.di geht es an!

Die Deutsche Post AG treibt es mit ihren – vor allem sachgrundlosen – Befristungen zu weit. Unser Bundesfachgruppenvorstand Postdienste unterstreicht: „Warum die DP AG eine derart hohe Befristungsrate braucht, ist nicht nachvollziehbar!“

1. Der DP AG geht es wirtschaftlich gut. Sie konnte ihre Gewinne in 2020 zum Teil sogar verdoppeln – und hier ist das Weihnachtsgeschäft noch nicht eingerechnet. Für unsichere Beschäftigungsverhältnisse gibt es aus ver.di-Sicht daher keinen Grund.

2. Darüber hinaus braucht es keine verlängerte Probezeit durch Befristungen: Der Arbeitgeber hat gesetzlich sechs Monate Zeit über eine Festanstellung zu entscheiden.

3. Zudem sorgt eine hohe Fluktuation für Unsicherheit und erschwert gewerkschaftliches Handeln. Die Gründe hierfür sind aus Sicht unserer ver.di-Betriebsräte und -Betriebsgruppen vielfältig. Unter anderem liegt es an der hohen Befristungsrate, auch mangelt es an Bindung an das Unternehmen.

Tipp an die DP AG: Ein unbefristeter Arbeitsvertrag könnte hier leicht Abhilfe schaffen.

Der ver.di-Fachbereich Postdienste, Speditionen und Logistik nimmt sich des Themas Befristungen verstärkt an und erarbeitet Wege und Lösungen, um unseren Kolleg*innen einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu ermöglichen – und gemeinsam noch stärker zu werden!