Am 9. Juni wird das Europäische Parlament neu gewählt – eine Chance, soziale und arbeitnehmerfreundliche Politik zu stärken. Kolleg*innen erklären, wie Europa unser aller Leben beeinflusst und warum sie wählen gehen.
»Ich finde es wichtig, dass die Europäische Union für soziale Bedingungen in der Arbeitswelt eintritt. Zum Teil kommen von der EU sehr fortschrittliche Vorgaben. So zum Beispiel die Mindestlohn-Richtlinie, die nicht nur Standards für die Höhe von Mindestlöhnen festlegt, sondern auch das Ziel formuliert, dass in den Mitgliedstaaten 80 Prozent der Beschäftigten durch Tarifverträge geschützt sind. Deutschland liegt mit 49 Prozent weit darunter. Die Bundesregierung ist gefordert gegenzusteuern, zum Beispiel durch mehr allgemeinverbindliche Tarifverträge. Insgesamt gilt es, die neoliberale Politik zurückzudrängen. Bei der Post spüren wir seit 25 Jahren, wie der Konkurrenzdruck durch Firmen zunimmt, deren Geschäftskonzept auf Niedriglöhnen, Leiharbeit und Subunternehmen beruht. Es braucht klare Regeln, die so etwas unterbinden – in Deutschland und Europa. Was wir überhaupt nicht brauchen, sind nationalistische und rassistische Parteien, die zu allem Nein sagen. Wenn wir eine Zukunft haben wollen, müssen wir auf Europa setzen und Europa sozial gestalten.«
Uwe Gier ist Zusteller und Betriebsrat bei der Deutschen Post AG in Kiel.
»Bei einem Treffen der ver.di mit der österreichischen Gewerkschaft vida habe ich mich kürzlich mit einer Kollegin der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) aus London unterhalten, die von den verheerenden Auswirkungen des Brexit auf Wirtschaft und Gesellschaft in Großbritannien berichtete. Die dortige Entwicklung zeigt, was passiert, wenn man sich abkapselt. Die EU wird oft unterschätzt. Viele wichtige Regelungen werden im Europäischen Parlament entschieden – ob beim Verbraucher- und Klimaschutz oder zu sozialen Fragen. Das beeinflusst unser Leben ganz unmittelbar. Deshalb ist es so wichtig, wählen zu gehen und eine arbeitnehmerfreundliche Politik zu stärken. Seit Jahrzehnten leben wir in Europa friedlich und geeint. Diese Errungenschaft gilt es zu verteidigen. Die AfD hingegen will das Rad der Geschichte zurückdrehen. Mit guten Arbeitsbedingungen und Gewerkschaftsrechten hat sie nichts im Sinn. Der Streik osteuropäischer LKW-Fahrer in Gräfenhausen hat ein Schlaglicht darauf geworfen, welche Missstände weiterhin bestehen. Dass kriminelle Firmen wie Mazur für große Konzerne arbeiten – auf Kosten der Beschäftigten –, das darf nicht sein. Solche Praktiken muss die EU mit klaren Regeln unterbinden. Und dafür braucht es die entsprechenden Mehrheiten im Europäischen Parlament. Dafür zu sorgen, liegt auch an uns.«
Katja Hirschböck ist Staplerfahrerin und Betriebsratsvorsitzende beim Logistikunternehmen Abalon in Ingolstadt.
»Lange Zeit haben wir Frieden, Freiheit und Demokratie als Selbstverständlichkeiten erachtet. Doch das sind sie nicht. Für den Erhalt der Demokratie müssen wir uns immer wieder aktiv einsetzen. Dazu gehört die Wahl zum Europäischen Parlament. Sie ist eine Möglichkeit, mitzugestalten und progressive politische Kräfte zu stärken. Wir sollten sie nutzen. Im privaten Umfeld und selbst in gewerkschaftlichen Kreisen erlebe ich, wie Parteien Unterstützung erhalten, die Hass und Hetze verbreiten. Gerade bei Jugendlichen hat die AfD Zulauf. Das ist erschreckend und gefährlich. Mit unseren Interessen als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat diese Partei nichts am Hut – im Gegenteil, sie steht unseren Zielen von sozialer Gerechtigkeit und Gleichberechtigung entgegen. Wir müssen den Gemeinschaftsgedanken wieder stark machen, für den Europa steht. Die EU-Regeln zum Beispiel beim Arbeits- und Gesundheitsschutz helfen uns in der Betriebsratsarbeit ganz konkret. Gute europäische Schutzstandards erleichtern es auch den Gewerkschaften in Deutschland, bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen. Europa lohnt sich.«
Ralf Cremerius ist Servicetourenfahrer und Betriebsratsvorsitzender bei Hermes in der Region Köln.
Die Europawahl
Weitere Information zur Europawahl: verdi.de/europawahl