Klare Botschaft an die neue EU-Kommission: Am 17. September demonstrierten rund 750 Beschäftigte aus ganz Europa vor dem EU-Parlament in Strasbourg für mehr Regulierung und bessere Arbeitsbedingungen. Der von der Europäischen Transportarbeiterföderation gemeinsam mit anderen internationalen Gewerkschaftsverbänden initiierte Protest richtete sich vor allem gegen die Unternehmenspraxis, Aufträge in Subunternehmerketten immer weiterzureichen, um die Personalkosten zu drücken.
Die Weitergabe von Aufträgen sei in der Logistik zwar seit Jahrzehnten Teil des Geschäftsmodells, erklärte Pedro Garcia, der sich im Vorstand der ver.di-Bundesfachgruppe Speditionen, Logistik und Kurier-, Express-, Paketdienste engagiert. Auch könnten Spezialtransporte oder Teilstrecken nicht immer von einem einzigen Fuhrunternehmen erbracht werden. „Wenn aber ein und dieselbe Teilstrecke mehrfach an Frachtbörsen immer wieder eingestellt wird – so lange, bis die Frachtrate so gedrückt worden ist, dass die Fahrer nicht mehr gut bezahlt werden können –, dann ist das keine Notwendigkeit, sondern pure Ausbeutung und Gewinnmaximierung.“
Eben solchen Praktiken müssten die EU-Kommission und das Europäische Parlament einen Riegel vorschieben, so die Forderung der Demonstrierenden in Strasbourg. Im Anschluss an die Demonstration nahmen rund 200 Beschäftigte aus verschiedenen Ländern und Branchen an einem Hearing im Parlament teil. Sie schilderten eindrücklich, welche Folgen die mangelnde Regulierung von Subunternehmerketten in Europa hat. Die Vergabe von Unteraufträgen im Verkehrswesen habe unterschiedliche Formen, erklärte Livia Spera, Generalsekretärin der Europäischen Transportarbeiterföderation (ETF), die mehr als fünf Millionen Beschäftigte vertritt und der auch ver.di angeschlossen ist. In ganz Europa seien jedoch ähnliche Muster zu beobachten, die Beschäftigte in Subunternehmen und Leiharbeitsfirmen zu Bürger*innen zweiter Klasse machten. „Wir fordern EU-Vorschriften zur Regulierung der Unterauftragsvergabe, um Fairness wiederherzustellen“, brachte die Gewerkschafterin das Anliegen der Demonstrierenden auf den Punkt.
Direktanstellung als Standard
Konkret fordert die ETF unter anderem, dass die Fremdvergabe von Kerntätigkeiten verboten wird und Subunternehmen Aufträge nicht immer weiterreichen können. „Direktanstellung sollte der Standard sein“, heißt es in dem Aufruf zur Kundgebung. „Wo Beschäftigte nicht direkt angestellt sind, muss volle Gleichbehandlung – mit gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit – ein nicht verhandelbares Prinzip sein.“ Zudem fordern die Gewerkschaftsverbände, dass sowohl Unternehmen und Subunternehmen als auch Kundenfirmen volle Verantwortung für die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten entlang der Wertschöpfungskette übernehmen. Dafür brauche es europaweit klare Regeln, wofür die im April beschlossene EU-Lieferkettenrichtlinie sicherlich ein Anfang ist. Es seien jedoch auch mehr und effektivere Kontrollen gesetzlicher Vorgaben nötig. Denn den meisten Kontrollbehörden fehle es an Personal und Ressourcen.
Insgesamt fordern die Gewerkschaften von der neuen EU-Kommission, dass sie die Belange der Beschäftigten stärker in den Mittelpunkt rückt und Regeln schafft, die für gute Arbeitsbedingungen sorgen. Das haben die Demonstrierenden am Sitz des EU-Parlaments nachdrücklich klar gemacht.
Daniel Behruzi