Gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte bei UPS am Flughafen Köln/Bonn verschaffen sich Respekt.
Heftige Konflikte bei UPS am Flughafen Köln/Bonn: Seitdem hunderte Beschäftigte ihr Grundrecht auf gewerkschaftliche Organisierung und Streik wahrgenommen haben, geht es bei dem Logistikunternehmen am Airport zur Sache. Doch auch von Schikanen durch Vorgesetze und sogar der Stürmung des Saals ihrer Mitgliederversammlung wollen sich die ver.di-Aktiven nicht einschüchtern lassen. Einen guten Tarifabschluss haben sie bereits erkämpft. Jetzt wollen sie einen Betriebsrat wählen, der tatsächlich die Interessen der Beschäftigten vertritt.
„So etwas hat es bei UPS am Köln/Bonner-Flughafen noch nicht gegeben, zum ersten Mal zeigen Kolleginnen und Kollegen ihrem Arbeitgeber die Zähne“, berichtet der ver.di-Sekretär Stephan Somberg. Erstmals legten UPS-Beschäftigte am Airport im Rahmen der Tarifverhandlungen für die Logistikbranche Ende letzten Jahres die Arbeit nieder. „Danach war nichts wie zuvor.“ Mit einer Vielzahl von Gängeleien hätten Vorgesetzte versucht, Beschäftigte von weiteren Streikaktionen abzuhalten, so der Gewerkschafter. „Da werden Kollegen zu Gesprächen zitiert und unter Druck gesetzt. Der Schichtplan wird kurzfristig geändert, um engagierten Kollegen Zuschläge vorzuenthalten. Beginn oder Ende der Arbeitszeiten werden plötzlich verschoben, um ihnen das Leben so schwer wie möglich zu machen.“ ver.di dokumentierte die Vorgänge und informierte die Öffentlichkeit, Medien berichteten, das Unternehmen dementierte die Vorwürfe. „Auch das ist in der UPS-Welt etwas Neues“, erklärt Somberg. „Leute, die drangsaliert werden, haben eine Gewerkschaft hinter sich, die sie unterstützt. Sie gehen mit geradem Rücken durch den Betrieb.“
Das neue Selbstbewusstsein ist auch Folge der im Arbeitskampf demonstrierten Stärke. Auf mehrere erfolgreiche Warnstreiks und Aktionen im Januar und Februar folgte ein dreitägiger Ausstand im März, bei dem zeitgleich auch die Kolleg*innen der Flughafensicherheit die Arbeit niederlegten. Zum ersten Mal in der Geschichte von UPS musste an dem rheinischen Airport die komplette Nachtoperation abgesagt werden – mehr als 40 Jumbos konnten nicht beladen werden.
Damit leistete die UPS-Belegschaft in Köln/Bonn einen wesentlichen Beitrag zu den Tarifabschlüssen, die ihnen neben prozentualen Lohnsteigerungen unter anderem mehr Urlaubstage, höhere Zuschläge sowie die stufenweise Anhebung des Urlaubsgeldes auf ein volles 13. Monatsgehalt für alle bescherten. „Die Kolleginnen und Kollegen haben gezeigt: Es geht – man kann UPS bestreiken und Verbesserungen für alle durchsetzen“, kommentiert Somberg.
Durch diesen Erfolg und viele Beitritte gestärkt gehen die ver.di-Aktiven das nächste Ziel an: einen Betriebsrat, der wirklich die Interessen der Beschäftigten vertritt. Die aktuelle Mehrheit des 25-köpfigen Gremiums ist nicht in ver.di organisiert und wird von vielen als arbeitgebernah angesehen. Welche Mittel diese einsetzen, um ihre Posten zu behalten, wurde am 13. April deutlich: ver.di hatte zu einer Mitgliederversammlung im Kölner Geißbockheim eingeladen, um dort die Kandidatenliste zur Betriebsratswahl zu bestimmen. Nötig wurde die Neuwahl, weil das Landesarbeitsgericht die Wahl vom Mai 2022 für unwirksam erklärt hatte. Doch die Versammlung konnte nicht stattfinden, weil sich kurzfristig eingetretene „ver.di-Mitglieder“ gewaltsam Zutritt verschafften.
„Auch von solchen brachialen Methoden lassen sich unsere Kollegen nicht einschüchtern“, ist Somberg überzeugt. Nun werde gemäß dem ver.di-Statut der Bezirksfachbereichsvorstand, also das nächst höhere Gremium, über die Kandidatenliste entscheiden. ver.di hat gegen die Störer Strafanzeige wegen Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch und Körperverletzung gestellt. Zudem hat die Gewerkschaft mittlerweile Klage gegen den Wahlvorstand eingereicht – wegen Untätigkeit. „Die Betriebsratswahl muss jetzt endlich eingeleitet werden. Die Beschäftigten bei UPS in Köln/Bonn werden selbst entscheiden, wer ihre Interessen im Betrieb vertritt.“
Daniel Behruzi