Der Protest von Postbeschäftigten und Paketboten sowie die Lobbyarbeit von ver.di haben sich gelohnt: Das vom Bundestag am 13. Juni und vom Bundesrat am 05. Juli beschlossene neue Postgesetz enthält vieles, wofür sich Gewerkschafter*innen in den vergangenen Monaten eingesetzt haben. Die Regelungen zum Universaldienst sichern Dienstleistungen und Arbeitsplätze. Die Lizenzpflicht für Unternehmen in der Paketbranche ist ein Fortschritt. Allerdings: Ein Verbot von Subunternehmen wäre der unbürokratischere und wirksamere Weg gewesen, Lohndumping und miesen Arbeitsbedingungen entgegenzuwirken. Eine verpasste Chance ist auch, dass der Bundestag die Beförderung von 20-Kilo-Paketen in der Ein-Mann-Zustellung nicht grundsätzlich ausgeschlossen hat. Hier muss der Bundesarbeitsminister per Verordnung nachjustieren.
"Es ist richtig, dass die Finanzierung der für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie für die Wirtschaft wichtigen Dienstleistungen gesichert ist", kommentierte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis die Regelungen zum Universaldienst. "Dadurch werden tarifierte und mitbestimmte Arbeitsplätze dauerhaft geschützt." Deutliche Kritik äußerte die Gewerkschafterin hingegen daran, dass der Bundestag "eine Chance für besseren und verbindlichen Gesundheitsschutz" in der Paketzustellung verstreichen ließ, indem er keine klare 20-Kilogramm-Grenze beschlossen hat. Die Ein-Mann-Zustellung schwerer Pakete soll weiter möglich sein, wenn "geeignete technische Hilfsmittel" zur Verfügung stehen.
"Jetzt ist die Bundesregierung gefordert", betonte Kocsis. "Sie muss in der entsprechenden bis zum Jahresende vorzulegenden Verordnung festlegen, dass beispielsweise eine Sackkarre kein geeignetes Hilfsmittel ist, um Pakete mit mehr als 20 Kilogramm Gewicht in der Ein-Personen-Zustellung zu befördern." Hubertus Heil (SPD) hatte beim ver.di-Bundeskongress versprochen, "dass niemand mehr alleine ein Paket schleppen muss, das schwerer als 20 Kilo ist". Denn: "Das ist schon verdammt heftig. Da müssen dann mehrere ran, und das ist auch richtig so." ver.di pocht darauf, dass der Minister sein Versprechen nun umsetzt. Jedoch liegt die Federführung für die neue Verordnung beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
Gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf nachgebessert hat der Bundestag bei der Lizenzpflicht für Paketdienstleister. Subunternehmen müssen ihren Auftraggebern künftig Informationen zu Bezahlung, Arbeitszeiten und Sozialabgaben übermitteln, die damit überprüfen sollen, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. ver.di befürchtet, dass diese und weitere Regelungen nicht ausreichen, um prekäre Beschäftigung in der Paketzustellung tatsächlich zu verhindern.
Denn die Branche ist für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung extrem anfällig, wie kürzlich die Generalzolldirektion in einem Brief an das Bundesfinanzministerium deutlich machte, über den der Spiegel berichtete. Demnach ermittelt die Finanzkontrolle Schwarzarbeit "in erheblichem Umfang" über Sachverhalte, "die der schweren strukturellen Kriminalität zuzuordnen sind". Die Aufsichtsbehörden würden systematisch getäuscht, um "durch Straftaten wirtschaftliche Vorurteile zu erzielen". ver.di plädiert vor diesem Hintergrund weiterhin dafür, Subunternehmen in der Paketbrache – wie in der Fleischwirtschaft – zu verbieten und die Unternehmen zur Direktanstellung von Arbeitnehmer*innen zu verpflichten.