Über drei Millionen Beschäftigte haben in Deutschland nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Über die Hälfte der Menschen unter 30 Jahren landen heute in befristeten Jobs. Mehr als die Hälfte der Befristungen ist sachgrundlos, fast jede zweite Neueinstellung ist davon betroffen. Je größer der Betrieb, desto höher der Anteil an Befristungen, oft reihen sich hier Befristungen mit Sachgründen nahtlos an die sachgrundlose Befristung an.
Alle Hände voll zu tun und die Arbeit stapelt sich, deine Schicht wäre eigentlich schon längst zu Ende und dennoch fragt dich die/der Chef*in noch, ob du nicht noch dies und das oder jenes machen könntest – so oder so ähnlich beschreibt das keine ungewöhnliche Arbeitssituation.
Während die meisten Beschäftigten die Möglichkeit haben, auf die Bremse zu treten und „Nein“ zu sagen oder sich sogar an den Betriebsrat wenden können, ist das bei Kolleg*innen, die einen befristeten Arbeitsvertrag haben, etwas schwieriger.
Mit einem befristeten Vertrag überlegt man es sich sehr gut, ob man eine Aufgabe oder Schicht ablehnt oder sich krankmeldet. Und nicht nur das:
Befristete sind seltener Gewerkschaftsmitglied, da ihre berufliche Perspektive im Unternehmen ungewiss ist. Aber gerade dann bräuchten sie besonderen Schutz und Absicherung. In logischer Konsequenz fehlen diese Kolleg*innen oft bei Streiks oder anderen Auseinandersetzungen um gute Arbeitsbedingungen im Betrieb. Und das, obwohl es genau dann so wichtig ist, Schulter an Schulter in großer Zahl zusammenzustehen. Es kommt also auf jede Kollegin und auf jeden Kollegen an.
Wie kannst du befristete Kolleg*innen unterstützen? Was kannst du verbessern? Auf diese und weitere Fragen findest du hier eine Antwort.
„Ich finde es traurig, dass die Deutsche Post AG unseren Kolleg*innen, die gerne zur Arbeit kommen und vollen Einsatz zeigen, keine gute Perspektive bietet und sie unbefristet einstellt“ – klare Worte einer ver.di-Kollegin bei der Deutschen Post AG.
Mehr und mehr Menschen haben einen Arbeitsvertrag mit festgelegtem Enddatum – einen befristeten Arbeitsvertrag. So auch bei der Deutschen Post AG: Dort steigt die Zahl der befristet Beschäftigten stark an. Was das bedeutet und was ver.di plant:
Befristete Arbeitsverhältnisse gibt es sowohl mit Sachgrund als auch sachgrundlos. Gründe, in denen ein Arbeitsvertrag mit Enddatum ausgegeben werden kann, umfassen beispielsweise eine Elternzeit- oder Krankheitsvertretung sowie eine Projektstelle. Sachgrundlose Befristungen werden rein kalendarisch gesetzt und sind gesetzlich bis zu 24 Monate zulässig. Der Arbeitgeber kann das Datum bestimmen, zu dem der Arbeitsvertrag auslaufen soll und die oder der den Job verliert.
Damit reihen sich beide Befristungsformen, aber vor allem die sachgrundlose Variante, in die Ausprägungen prekärer Beschäftigung ein: Diese beschreibt Arbeitsverhältnisse, welche gesellschaftliche Standards unterschreitet, indem sie zum Beispiel nicht auf Dauer angelegt sind. Weitere Informationen findest du hier.
Die ver.di-Initiative (un)befristet wird weiter fortgesetzt. Der Missbrauch von Befristungen mit und ohne Sachgrund muss gestoppt werden. Befristete Arbeitsverhältnisse sorgen für Unsicherheit, da nicht klar ist, ob nach dem Ende der Vertragszeit eine Weiterbeschäftigung erfolgt oder die Arbeitslosigkeit droht.
50 Pakete mit den Postkarten wurden am 28. April 2022 auf den Postweg von der Postbankfiliale am Alexanderplatz in Berlin an Herrn Dr. Ogilvie gesendet. Die ver.di-Aktiven aus den Landesbezirksfachbereichen (Vertrauensleute, Betriebsräte, Jugend- und Auszubildendenvertreter*innen der Deutschen Post AG) brachten die Pakete auf die Reise.
Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis betonte, dass „die Beschäftigten gegen eine Unternehmenspolitik protestieren, die nur möglich ist, weil das Teilzeit- und Befristungsgesetz diese zulässt. Der Gesetzgeber ist gefordert, dem Missbrauch endlich einen Riegel vorzuschieben. Die sachgrundlose Befristung muss abgeschafft und Kettenbefristungen müssen überwunden werden.“
Weitere Infos findest du hier.
ver.di behält das Ziel, den Missbrauch von Befristungen mit und ohne Sachgrund zu stoppen, fest im Blick. Deshalb fordert ver.di von der Post deutlich mehr Entfristungen, unbefristete Neueinstellungen und Übernahmen von Nachwuchskräften sowie unbefristete Wochenarbeitszeiterhöhungen.
Diesen Forderungen wird ver.di gemeinsam mit den Beschäftigen und Nachwuchskräften anhand von Postkarten, die an den Personalvorstand der DP AG gerichtet sind, Nachdruck verleihen. Vom 1. März bis 22. April 2022 sammeln dazu die Kolleg*innen auf den Karten Unterschriften. Im Anschluss werden die Karten dann von der stellvertretenden ver.di-Vorsitzenden Andrea Kocsis an Herrn Dr. Ogilvie, Personalvorstand Deutsche Post AG, übergeben.
Gleichwohl wird auch die Politik in die Verantwortung genommen. Dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz nur für den öffentlichen Dienst angepackt werden soll, ist falsch. In weitaus mehr Branchen sind Kolleg*innen von prekärer Beschäftigung aufgrund befristeter Arbeitsverhältnisse betroffen. Dass die Zahl der Kettenglieder von Kettenbefristungen begrenzt werden soll, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Bundestagsabgeordnete können auf Postkarten durch ihre Unterschrift von der Deutschen Post AG fordern, hier mit gutem Beispiel voranzugehen. Erfahre mehr!
Anfang September gab es den ersten Erfolg: Die Deutsche Post verkündete, 5.000 Kolleg*innen bis zum Ende des Jahres zu entfristen. Diese Zusage wurde eingehalten. Im Zeitraum September bis Dezember wurden mehr als 5.400 Kolleg*innen entfristet, im gesamten Jahr 2021 über 13.000. Dies ist ein Erfolg der vielen aktiven ver.di-Mitglieder, des Gesamtbetriebsrates der DP AG und der Betriebsräte vor Ort.
So auch im ZSP Kiel-Friedrichsort: Dort war die Arbeit der Vertrauensleute und des Betriebsrates ein voller Erfolg. Vor Weihnachten wurden zwei Kolleg*innen durch den unermüdlichen Einsatz der ver.di-Betriebsgruppe entfristet.
„Meine Entfristung stand auf der Kippe, aber die Vertrauensleute haben sich stark für mich eingesetzt, dass ich endlich einen unbefristeten Vertrag erhalte.“
Pamela Steffen, ZSP Kiel-Friedrichsort
Weitere Infos findest du hier.
Während der Themenwoche vom 26. bis 30. April setzten ver.di-Kolleg*innen an etlichen Standorten ein Zeichen: Die befristeten Kolleg*innen haben Respekt – und damit einen festen Arbeitsvertrag – verdient. Um die Kolleg*innen zu informieren und den ver.di-Standpunkt deutlich zu machen, fanden verschiedene Aktionen in den Betrieben statt. So sammelten engagierte Kolleg*innen Unterschriften der Beschäftigten gegen die Befristungspolitik des Arbeitgebers, starteten Fotoaktionen zum Beispiel vor dem Werkstor und verliehen dem Anliegen Nachdruck, indem sie Flyer verteilten.
Die Kolleg*innen sollten auf das Thema und die Unterstützungsangebote von ver.di aufmerksam gemacht werden, zudem wurden Politiker*innen eingeladen und in die Problematik eingebunden. In Hessen berichtete sogar ein Fernsehteam über die Aktionen vor Ort und fing die Stimmen unserer Kolleg*innen ein. Mehr zur Themenwoche findest du hier.