Das Logistik-Unternehmen FedEx hat alle bestehenden Haustarifverträge mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) gekündigt. Die Kündigung der Mantel- und Entgelttarifverträge der FedEx Germany GmbH erfolgt zum 30. Juni 2021 und bei FedEx Corporation zum 30. September 2021. Bereits zum 1. Juli 2021 will das Unternehmen den jeweiligen Arbeitgeberverbänden beitreten und damit die regionalen Flächentarifverträge anwenden.
FedEx betonte gegenüber ver.di zwar, dass sich nach der Kündigung für die bestehende Belegschaft nichts ändere, da die bisher in den Haustarifverträgen geregelten Bedingungen auf arbeitsvertraglicher Ebene weitergelten. Die Folge der Tarifflucht ist aber, dass sich die bisherigen Tariflöhne für die bestehende Belegschaft nicht mehr erhöhen werden, wie es sonst durch Haustarifverhandlungen in dem Unternehmen üblich gewesen wäre.
Neue Beschäftigte würden zudem zu deutlich schlechteren Bedingungen eingestellt werden. In NRW zum Beispiel beträgt die Lohndifferenz eines langjährigen Beschäftigten als „FedEx Courier“ (Tarifgruppe 4, Haustarifvertrag) zum Kurier NRW (Entgeltgruppe 3, Flächentarifvertrag) zwischen 1.000 bis 1.500 Euro monatlich. Die Behauptung des Konzerns, es gehe nicht um Lohnabsenkung, sondern um eine einheitliche Tarifstruktur, ignoriert, dass gerade mit der Anwendung regionaler Flächentarifverträge im Gegensatz zu den bisher bundesweit gültigen Haustarifverträgen regional unterschiedliche Arbeits- und Lohnbedingungen in dem Unternehmen eingeführt werden.
Der Vergütungstarifvertrag für die Beschäftigten bei der FedEx Express Germany GmbH (FEGG) war zu Ende Juni 2021 kündbar. Üblicherweise wäre jetzt über die Lohnforderung von ver.di zu verhandeln. Diesen Tarifverhandlungen will sich der Arbeitgeber mit einem Beitritt zu den regionalen Arbeitgeberverbänden nicht nur entziehen, sondern er will die Tarifverträge der Beschäftigten der FEGG loswerden. Denn mit einem Beitritt zum Arbeitgeberverband können wir einen Mantel– und einen Vergütungshaustarifvertrag nicht mehr effektiv und im Zweifel auch im Konflikt durchsetzen. Hier würden wir an der sogenannten Friedenspflicht scheitern.
An verschiedenen Stellen betont der Arbeitgeber, dass die Kündigung der Tarifverträge vor dem Hintergrund der Integration von FedEx und TNT in der FedEx Express Germany Services GmbH (FEGSG) steht. Zwischen ver.di und Fedex wurde im Januar 2020 eine Vereinbarung zur Aufnahme von Tarifverhandlungen für die FEGSG geschlossen. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Tarifverhandlungen auf der Grundlage der Tarifverträge für die Beschäftigten bei der FEGG zu führen sind. Nachdem bereits kurz nach Verhandlungsaufnahme deutlich wurde, dass die Arbeitgeberseite kein Interesse an Verhandlungen entlang der vereinbarten Tarifverträge hat, sondern vielmehr eine Verschlechterung von wesentlichen Arbeitsbedingungen beabsichtigt, hat die ver.di-Verhandlungkommission die Verhandlungen zur Tarifierung der FEGSG unterbrochen.
Jetzt beseitigt der Arbeitgeber die Verhandlungsgrundlage für die Tarifverhandlungen bei der FEGSG. Damit wird deutlich, dass ver.di die Verhandlungen zurecht unterbrochen hat: Dem Arbeitgeber geht es einzig und allein darum, Verschlechterungen für die Beschäftigen herbeiführen zu können. Die alten FedEx-Standards sollen nicht mehr gelten und die Beschäftigten bei der FEGG sollen keine Möglichkeit erhalten, sich ihre Tarifverträge auch im Konflikt zu erstreiten.
Dem Unternehmen FedEx geht es wirtschaftlich gut. Der Nettogewinn stieg von 1,3 Milliarden US-Dollar im Fiskaljahr 2020 (1.6.2019 bis 31.5.2020) auf über 5,2 Milliarden US-Dollar im Fiskaljahr 2021 (1.6.2020 bis 31.5.2021) an.
ver.di wird FedEx auffordern, durch einen Überleitungs- und Ergänzungstarifvertrag die Bedingungen des Haustarifvertrages im Flächentarifvertrag abzusichern und so eine Teilhabe der Beschäftigten an der Tarifentwicklung auch zukünftig sicherzustellen.
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