Man könnte es für einen Aprilscherz im Oktober halten! Der Gesamtbetriebsrat der Deutschen Post AG (DP AG) wurde informiert, dass die DP AG eine „Deutsche Post Transport GmbH“ gründet und Kraftfahrer*innen dort eine Wochenarbeitszeit von 43,5 Stunden anbietet. Begründet hat der Arbeitgeber diese abwegige Idee damit, dass die Kraftfahrer*innen sich ein höheres Einkommen und mehr Flexibilität wünschen. Mit diesem Vorhaben begeht die DP AG erneut Tarifflucht, weil der DP AG einzelne, zwischen der DP AG und ver.di vereinbarten Bestimmungen aus Tarifverträgen nicht passen.
Tatsächlich hat der Postvorstand ver.di am Anfang des Jahres mit dem Gedanken konfrontiert, eine Wochenarbeitszeit von maximal 45 Stunden in der Woche für Kraftfahrer*innen tariflich zu vereinbaren. Dies hat ver.di aus gutem Grund abgelehnt und stattdessen der DP AG vorgeschlagen, tarifübliche Spesenregelungen für Kraftfahrer*innen zu vereinbaren. Diese Spesen würden dann bei entsprechender Abwesenheit von der Arbeitsstelle netto an die Beschäftigten ausgezahlt, sind also finanziell für die Beschäftigten lukrativ. Dieser Vorschlag wurde im Gespräch von der DP AG aufgenommen, danach hat man nie wieder etwas davon gehört.
Wenn jetzt Teile der DP AG argumentieren, dass Kraftfahrer*innen mehr Geld verdienen müssen, da für das Einkommen bei der DP AG kaum Kraft-fahrer*innen zu bekommen sind, dann steht ver.di dazu bereit, die Tarifein-kommen bei der DP AG ordentlich anzuheben.
Die jetzige Antwort des Postvorstandes auf Fahrermangel und zu niedrige Einkommen bei der DP AG ist allerdings völlig verfehlt: „Wenn vollbeschäftigte Kraftfahrer mehr Geld verdienen müssen, dann müssen die halt 43,5 Std. in der Transport GmbH arbeiten“ … das geht am Problem vorbei und ermöglicht keine sachgerechte Lösung des Personalproblems!
Ferner erklärt das Management der DP AG, dass sie Einkommenskonditionen (Stundenlohn, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) und Urlaubsansprüche, die denen der DP AG entsprechen, in der neuen GmbH anbieten wollen. Was ist eigentlich mit der betrieblichen Altersversorgung, dem Kündigungsschutz und dem Generationenvertrag? Tarifflucht in eine Transport GmbH geht klar zulasten der bei der GmbH beschäftigten Kraftfahrer*innen. Tarifpartnerschaft geht anders.
Kraftfahrer*innen und alle Beschäftigten, die ihren Monatslohn bei der DP AG deutlich verbessern wollen, sind jetzt dazu aufgerufen, Mitglied bei ver.di zu werden, um in den Tarifverhandlungen bei der DP AG im Januar 2023 gemeinsam deutliche Tariferhöhungen durchzusetzen! Erhöhungen der Wochen-arbeitszeit ersetzen keine Tariferhöhungen, eine Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden ist genug.
Das Vorhaben kommt auch bei den Betriebsrät*innen der DP AG nicht gut an. Die Vorsitzenden der Betriebsräte der DP AG haben einstimmig den Tariffluchtversuch missbilligt. Dazu haben sie ein Schreiben aufgesetzt und an den Vorstand der DP AG geschickt.
Ein Arbeitgeber, der behauptet: „Wir wollen auch zukünftig als Arbeitgeber mit den besten Arbeitsbedingungen in der Transportbranche agieren. Daher hat es Priorität, auf Veränderungen des Arbeitsmarktes zu reagieren und so auch weiterhin für Bewerber und bewährte Kräfte attraktiv zu bleiben“ und mit dieser Begründung aus dem Tarifvertrag der DP AG flüchtet und die Wochenarbeitszeit auf 43,5 Std. erhöht, der entfernt sich von einer vernünftigen Lösung bezogen auf Personal- und Fachkräftemangel.